28.12.07
Brief
an Deborah
"In
Rage fand ich dich gestern gut, aber leider kanalisierst du sie nur
destruktiv, zur Flucht, zum schnellen Abziehen, zum Wegfahren,
anstatt z.B. zuzugreifen, mein Glied zu streicheln (wie auch immer du
darüber denkst), wenn du dich mehr hingibst, und ich mehr mache,
dann gehts ja, nur dürfen wir halt nicht Stunden darauf warten, dass
beinahe was passiert, und dann abbrechen, z.B. weil du zu passiv
warst, einen Stellungswechsel nicht mitmachtest, von hinten, von der
Seite (wenn ich es schon nicht managte, von vorne in dich
einzudringen; du hast eine verdeckte Scham, durch breite, wulstige
Schamlippen, außerdem habe ich seit viereinhalb Jahren mit keiner
Frau mehr geschlafen, um genau zu sein, seit Mitte Februar 03; danach
fing ich zu schreiben an, die Rita-Episode und andere 'Lieben' jener
Zeit gingen ohne Geschlechtsverkehr ab). Ich bin jetzt sehr offen und
begebe mich damit sehr relativ in deine Hände, aber ich sagte immer,
dass ich Wahrheiten jeder Art in die Augen schauen kann, auch wenn
sie noch so knallhart sind, und ich finde, dass du gestern einfach zu
rasch verschwandest, sogar wenn du todmüde gewesen wärest, finde
ich das unfair. Wie gesagt, ich finde dich attraktiv, würde gerne
was mit dir versuchen (!), aber du solltest dich auch positiv
einbringen, überhaupt generell. Tschau (zumindest zufällig werden
wir uns bestimmt mal begegnen, und ich will dir dann in die Augen
schauen können).
Ohne
Unterschrift, so bin ich, so feige.
Beinahe
ein Postskriptum
Ich
habe mich zum Nichtessen zurückgenommen, du nicht, als du gingst,
ganz schön egoistisch. Und dass zu einer Partnerschaft nicht nur
Händchenhalten gehört, weiß ich auch, woher wohl? Irgendwo
gelesen, na klar! Wir machten sexaktiv bisher wenig Produktives,
orgasmisch besehn, und das finde ich nervig (hirnig? Ich kann meine
Handschrift nicht entziffern!), stimmt, also warum sollte man das
Drama extenden (ich würde es gerne probieren, mit einem
Anderthalbstundenlimit)?"
Deborah
an mich
"29.XII.07
Gut,
dass du mir geschrieben hast. Am Telefon hätte ich es mit Sicherheit
nicht geschafft, dir all die Dinge an den Kopf zu werfen, die mich
bei unserem Partnerschaftsversuch (mit Betonung auf Versuch) gestört
haben.
Erst
einmal zu deinem Brief: Findest du es nicht ein wenig dreist, mir den
Schwarzen Peter für die letzte, verunglückte Nacht zuzuschieben?
Ich glaube mich zu erinnern, dass ich versucht habe, dir etwas über
verpasste Chancen und Abgekühlt-Sein zu erzählen. Schade, dass du
es nicht geblickt hast. Das hätte das Drama auf ein
erträgliches
Maß reduziert.
Auf
der Fahrt zu dir am Donnerstag habe ich mich unheimlich auf dich
gefreut; ich hatte Lust auf dich: es hat gekribbelt. Dann kam ich zu
dir hoch, und im Prinzip war die Luft raus und ich kalt wie eine
Hundeschnauze. Ich hasse deine Art, mich zu begrüßen. Ich kam mir
immer vor wie ein unangemeldeter, etwas störender Gast, den man mit
stundenlangem
Smalltalk einschläfert, in der Hoffnung, ihn zum baldigen Gehen zu
bewegen. Ein bisschen mehr Enthusiasmus bei der Begrüßung (und auch
sonst) hätte bestimmt nicht geschadet. So habe ich immer Stunden
gebraucht, um nach der eiskalten Begrüßung wenigstens aufzutauen.
Und dann erwartest du mehr Hingabe bzw. Aktivität! Es gibt ein
schönes Sprichwort: 'Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es
heraus.' Sehr passend, nicht wahr?!
Nun
zu deiner Forderung, mich 'positiv einzubringen'. Ich hätte nicht
gedacht, dass du auf derart abgelutschte Floskeln zurückgreifen
musst. Da hätte ich eigentlich mehr Klasse erwartet, zumal du dich
ja für einen der besten (oder den besten?) lebenden österreichischen
Schriftsteller hältst. Aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen ja des
Öfteren auseinander.
Was
die verlangte 'Offenheit' betrifft: Ein Hoch auf die Offenheit! Es
lebe die Offenheit! Aber es gibt Situationen, in denen mich Offenheit
ziemlich abtörnt und damit auch den leisesten Hauch von Erotik
vernichtet (ich finde z.B. Gespräche über rasierte oder nicht
rasiert[e Beine) nicht unbedingt erotisch!). Man kann alles
übertreiben, mein Lieber. Dir fehlt das Gespür dafür, wann es
besser ist, einfach den Mund zu halten oder einfach mal zu lügen. Es
ist idiotisch zu verlangen, dass ich dir sage, wann du besser den
Mund halten solltest. Wer weiß, welche bahnbrechenden Gedanken dann
auf Nimmerwiederhören verschwinden. Ganz egal, was für ein
Scheißkerl mein Ex war, er hat mir zumindest das Gefühl gegeben,
für ihn etwas Besonderes,
Liebenswertes zu sein: auch wenn wir beide wussten, dass das nicht
der Realität entsprach. Aber es war ein Spiel, und bis zu einem
gewissen Zeitpunkt, immerhin ein halbes Jahr, hatte ich viel Spaß
daran. Wenn es nicht die absolute Liebe ist, die zwei Menschen dazu
bewegt, miteinander zu schlafen, sollte man sich an gewisse
Spielregeln halten. Es erleichtert die Sache ungemein. Offenheit
verträgt sich in meinen Augen nur mit absolutem Vertrauen und
unbedingter Liebe, sonst ist Offenheit nur destruktiv.
Ich
habe keine Lust auf Probleme. Was ich will, ist eine lockere,
entspannte Beziehung, und die ist mit dir nicht möglich. Dein Hang
alles zu problematisieren und alles zu überdenken macht mich krank
(deswegen die roten Flecken an meinem Hals!), schade, dass mir das
alles erst so spät aufgefallen ist.
Jetzt
ist mein Zorn verraucht. Ich gebe zu, dass der Brief weder fair noch
eine literarische Meisterleistung ist. Aber beides kannst du von mir
nicht erwarten.
Falls
du meine Uhr finden solltest, die ich bei meinem überstürzten
Aufbruch bei dir vergessen habe, ich sitze nach den Ferien am Montag
um 1 Uhr in der Sprachler-Cafete. Vielleicht findest du mich ja!
[D.]".
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen